Rathausplatz, Gerlingen
Karolina Halatek: »Terminal«
Helles Licht strahlte aus der kreisrunden Öffnung einer tunnelähnlichen Röhre auf dem belebten Rathausplatz in Gerlingen. Die Skulptur entfaltete eine soghafte Wirkung. Mit ihrer Arbeit »Terminal« lud die polnische Künstlerin Karolina Halatek die Passanten ein, für einen Moment auf ihrem Weg durch die Stadt innezuhalten und in den Raum mit dem gleißenden, hellweißen Licht einzutreten. Von allen Seiten wurden die Besucher im Kreisrund vom Licht angestrahlt. Der Fluss des Alltäglichen und der eingeübten Abläufe wurde für einen Moment unterbrochen. Die intensive Lichtsituation bewirkte eine vorübergehende Veränderung im Erleben von Raum und Zeit. Die Realität der alltäglichen Wahrnehmung, die Flut von Eindrücken, Reizen und Informationen, ging über in ein sinnliches Erleben, das von einer abstrakten Einfachheit geprägt war: dem intensiven visuellen Reiz des von allen Seiten strahlenden Lichts.
Die Künstlerin verstehrt ihre Arbeit mit den puren Erscheinungsformen von Licht, Zeit und Raum als Möglichkeit, den Fokus auf die Selbstwahrnehmung der Betrachter zu richten. Karolina Halatek nennt ihr Vorgehen eine Deprogrammierung der Wahrnehmung. Die intensive Erfahrung und Präsenz von Licht wirft das Publikum auf sich selbst zurück. Im starken Licht geht der Blick in die Introspektion. Das Chaos der Reize weicht einem meditativen Moment. Karolina Halateks »Terminal« war ein urbanes »weißes Loch«, das durch seine Offenheit und leichte Zugänglichkeit alle Passanten gleichermaßen aufforderte einzutreten und für einen Moment den Übergang in einen Zustand der psychischen Leere zu erleben, den nur das Licht füllen kann. Es erfasst die Wahrnehmung, ohne neue inhaltliche Informationen zu liefern.
https://www.kulturregion-stuttgart.de/was/rueckblick-projekte/aufstiege-rueckblick/karolina-halatek/ (18.05.2019)