In einem weiteren Raum zickzackt ein Laufsteg in einiger Höhe über den Boden. Durch seine Glaswände erblickt man den dort installierten Lichttext von Joseph Kosuths Arbeit ‚Die Signatur des Wortes (Licht und Finsternis)‘, der kaltweiß leuchtend Heinrich Heine zitiert:
‚Der Mensch braucht nur seinen Gedanken auszusprechen, und es gestaltet sich die Welt, es wird Licht oder es wird Finsternis, die Wasser sondern sich von dem Festland, oder gar wilde Bestien kommen zum Vorschein. Die Welt ist die Signatur des Wortes.‘
‚Heller als tausend Sonnen‘ wurde die erste Atombombe von Zeugen beschrieben und ihre Wucht und Stärke in Verbindung mit ungeheuerlicher Lichtkraft gesetzt. Heine kannte diese Kräfte noch nicht. Und doch zeugt sein Zitat von einem tiefen Verständnis für Chancen und vor allem Risiken menschlicher Schöpferkraft. Wir können Gutes, aber eben auch das Böse in die Welt bringen, Licht und Finsternis zu erzeugen liegt in unserer Hand. Indem wir hier, in diesem Raum, Heines Text nie in Gänze erlesen, und damit erfahren können, indem wir ihn uns erarbeiten müssen, weil die Gänge, weil unsere Wege, die Erfahrbarkeit immer wieder unterbrechen, erleben wir mit Licht und durch Licht auch (menschliche) Schattenseiten. Wo Licht ist, ist eben auch Schatten.
Und ganz selbstverständlich, aber doch in der Erfahrung immer wieder eindrücklich, geht es in der Konsequenz zu dieser Erkenntnis auch um die grundlegende Notwendigkeit dabei: wir brauchen die Dunkelheit, um Helligkeit erleben zu können. Der Gegensatz als Erfahrungsquell ist nicht wegzudenkende Konstante des Fühlens, Sehens, allgemein: des Wahrnehmens.
Licht ist dabei sicher der faszinierendste Wahrnehmungsgenerator. Als Treibstoff und Motor in einem, liefert es Erkennen und Erkenntnis.
https://retrospektiven.wordpress.com/2017/04/16/das-zentrum-fuer-internationale-lichtkunst-unna-und-der-ilaa-2017/ (12.10.2019)