Boxenstop
Im Braunschweiger Bürgerpark, unweit einer Fußgängerbrücke über die Oker, befindet sich am Ufer eine kleine Steinmauer. Sie dient wohl dazu, Abwasserrohre abzuschirmen. Ihre praktische Funktion bleibt flanierenden Passanten verborgen.
Über diese Mauer hinweg soll während der EXPO 2000 der Boxenstop stehen: ein leuchtender, begehbarer Glascontainer, dessen Stirnseite über das Wasser hinausragt.
Von weitem tritt der Boxenstop Spaziergängern als ein ungewohnter farbiger Gegenstand in den Blick. Tagsüber ist sein Erscheinungsbild relativ dezent, doch nachts entsteht ein leuchtendes Bild in der Landschaft.
Je näher man kommt, desto stärker tritt die Dreidimensionalität, der Objektcharakter zutage. Von außen kann man den Boxenstop wie eine Skulptur betrachten. Wenn man dann über die kleine Treppe vom Ufer aus den Innenraum betritt, wird die Skulptur zu einem Raum, der wie jede Architektur funktional genutzt werden kann, beispielsweise als Bar.
Doch das Konstruktiv-Architektonische tritt hinter dem Erlebnis eines Farb-Licht-Raums zurück, dem eines begehbaren Bildes oder Gemäldes. Daniel Hausigs Lichtexperimente sind eine Fortsetzung der Malerei mit anderen, technischen, Mitteln. Wenn er ein begehbares Bild in eine Parklandschaft stellt, folgt dies zudem einer alten Tradition, die bereits vor 200 Jahren Vorgaben der Malerei räumlich umsetzte. Die pittoresken Landschaftsgärtner verwandelten die freie Natur in begehbare Bilder, die Gemälde berühmter Maler wie Claude Lorrain nachinszenierten. Bei Hausig dient nicht mehr die klassische Landschaftsmalerei als Filter der Wahrnehmung, sondern er baut auf die ungegenständliche Kunst unseres Jahrhunderts auf.
Heute bestimmt nicht mehr das Gemälde, sondern das photographische Lichtbild und das Bild des Fernseh- oder Computerschirms die Vorstellung dessen, was ein Bild ist. Und so ist es nur konsequent, wenn Daniel Hausig den Blick auf die Natur durch ein Licht-Bild filtert.
Quelle: Ludwig Seyfarth: Boxenstop / Pit Stop, in projekte zum lichtparcours braunschweig 2000, Kulturinstitut der Stadt Braunschweig 1999