Stephan Huber setzt auf eine Strategie, die er bereits 1983 mit der Schubkarrenarbeit initiierte, indem er zwei unzusammenhängende Elemente miteinander verbindet. Verstärkt wird die in der Skulptur angelegte Spannung durch die Aufstellung in der Galerie der Gegenwart Hamburg (S. 48), in jenem Kubenraum von Ungers, der so aufgeräumt, endgültig und perfekt sich darstellt, dass das abgestellte und „vergessene“ Gerät eine Irritation bewirkt. Stephan Huber kehrt zwar nicht zur Verwendung von „Ready-mades“ zurück, wohl aber zu scheinbar vorgefundenen Formen. Er begreift ganze Raumsituationen als Bildformen, wobei mit Raum nicht allein ein enger, in sich geschlossener Innenraum gemeint ist, sondern auch eine übergreifende bauliche Situation. Seine Roten Sonnensind vor der Zeche Zollverein, über der begrenzenden Fabrikmauer platziert wie in einer Bildfindung Giorgio de Chiricos. An die Stelle des Sammelns gefundener Bildträger und deren sinnfälliges Verknüpfen zu Bildern und Objekten tritt bei ihm immer wieder das Kombinieren unterschiedlicher, sich gegenseitig fremder Bildelemente, die er selbst entwirft und gestaltet. So scheint es, als würde er dem „Lagerimkopf“, so sein Buchtitel von 1982, unmittelbar die Bestandteile seiner Werke entnehmen. Zuvor sucht Stephan Huber die Erinnerungsfragmente jeweils mit konkreten Fundstücken zu verbinden. Die gleichen bildnerischen Prinzipien scheinen unverändert am Werk: die Verbindung von extremen, sich bekämpfenden Formen und Materialien, der Widerspruch der Hierarchie von Bild und Material, die Konfrontation, das Aufeinanderprallen an sich fremder Bildfragmente. Doch zögern wir bei Stephan Huber die Bezeichnung Fragment zu verwenden, denn es sind keine Bruchstücke, aus denen Stephan Huber seine Bilder baut. Vielmehr scheint die geniale Wortschöpfung Luthers zuzutreffen, wenn er im Korintherbrief eine Stelle mit „denn unser Wissen ist Stückwerk“ übersetzt. Stephan Huber operiert nicht mit Trümmern, Überbleibseln, Brocken, Torsi oder Bruchstücken, sondern mit Stückwerken von Bildern. In vielen seiner Installationen finden wir eine Bildvorstellung, die wir quasi als Zitat einer fertigen, bekannten Form begreifen, welche wir allerdings so nie gesehen haben. 1986 heißt es in dem Text, den Stephan Huber zu der Installation Rote Sonnenveröffentlicht: „Noch nie hatte ich Vergleichbares gesehen und dennoch schien mir alles bekannt und selbstverständlich. Helmut Friedel
http://www.stephanhuberkunst.de/texte/ortundraum.html (16.06.2019)